Psychologische Behandlung

Psychologische Behandlungen umfassen vor allem Beratung, Psychotherapie und Entspannungsverfahren. Sie sind ein unverzichtbarer Teil der Schmerztherapie und werden sowohl in Einzel- als auch in Gruppensitzungen angeboten. Nicht alle unserer Erzählenden bekamen jedoch ein solches Angebot. Viele von denen, die eine psychologische Behandlung erlebten, berichten, dass sie sehr froh über diese fachliche Unterstützung im Umgang mit ihren Schmerzen waren. Einige Interviewpartner*innen erlebten auch Krisen, in denen sie jeder Lebensmut verlassen hatte. Hier war für sie die Erkenntnis sehr wichtig, dass man sich Hilfe holen darf und nicht alles allein bewältigen muss. Für andere war es fraglich, ob sie eine psychologische Behandlung bräuchten oder es nicht auch alleine schaffen könnten. Einigen war es wichtig, allein mit seelischen Krisen fertig zu werden. Im Bekannten- und Freundeskreis gab es manchmal das Vorurteil, dass man psychologische Unterstützung nur braucht, wenn man „reif für die Klapse“ ist. (siehe auch „Schmerz und psychische Folgen“)

Rita Ahlers erzählt, wie wichtig es war sich in psychologische Behandlung zu geben, auch wenn das in ihrer Generation verpönt ist.

Karin Moll lernte in der Therapie den Zusammenhang zwischen Schmerz und Psyche kennen.

Für Martin Sander war es wichtig, die Entstehung seiner Erkrankung aufzuarbeiten.

Nach der anfänglichen Skepsis entwickelte sich zwischen Marianne Bühler und ihrer Psychologin ein gutes Verhältnis.

Bei einigen Interviewpartner*innen kam die Empfehlung zu einer Psychotherapie vom Hausarzt oder anderen behandelnden Ärzt*innen. Manchen Erzählenden fiel es schwer, die Überweisung zum Psychotherapeuten zu akzeptieren, wenn die Ärzt*innen ihre Empfehlung damit begründeten, dass ihre Schmerzen psychisch bedingt seien. Eine solche Begründung erschien vielen Betroffenen nicht nachvollziehbar oder zu kurzsichtig betrachtet (siehe auch „Ursachensuche und Diagnose“). Einige erzählen, dass sie allergisch auf die Erwähnung von Psychotherapie reagierten, weil sie den Eindruck hatten, dass damit ihre Schmerzen nicht ernst genommen würden. 

Ambulante Psychotherapeut*innen zu finden, stellte sich für einige unserer Erzählende als schwierig heraus. Die Möglichkeit einer psychologischen Behandlung ergab sich für viele Interviewpartner*innen erst während eines Klinikaufenthalts oder einer Reha-Maßnahme, erwies sich dann aber oft als entscheidende Hilfe.

In Kliniken werden auch häufig psychologische Gruppen angeboten. Hier besteht die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen über die Schmerzen auszutauschen und persönliche Erfahrungen mitzuteilen.

Zwei Interviewpartnerinnen beschreiben die therapeutischen Gespräche als einen wichtigen Wendepunkt in ihrer Krankheitsgeschichte.

Svenja Neuhaus beschreibt, wie sie trotz ihrer chronischen Schmerzen versucht, das Beste aus ihrem Alltag zu machen.

Karin Moll beschreibt, wie sie lernte ihre chronischen Schmerzen zu akzeptieren.

Peggy Reichel wurde die Möglichkeit einer Therapie erst sehr spät angeboten.

Fast alle Erzählenden berichteten, wie wichtig es ist, eine*n Therapeut*in zu finden, der*die zu einem passt. Einige erlebten, dass es mit einem*einer Therapeut*in nicht klappte, sie mit einem anderen aber sehr gut zurecht kamen. (siehe auch „Erfahrungen mit Ärzten“)

Auch die unterschiedlichen psychologischen Methoden sind nicht für alle Menschen gleich gut geeignet. So berichteten mehrere Erzählende, dass sie zu Methoden, bei denen man mit Vorstellungsbildern arbeitet, keinen Zugang fanden, sie aber von anderen psychologischen Angeboten wie z.B. Gesprächen sehr profitierten. Eine Interviewpartnerin erzählte, dass sie gegen die Schmerzen eine Methode brauche, die schnell wirke. Eine solche Beeinflussung sei ihr mit psychologischen Entspannungsmethoden nicht möglich.

Tanja Werner wechselte den Therapeuten während eines Klinikaufenthalts und war mit der zweiten Therapeutin sehr zufrieden 

Beate Schulte erzählt, wie die Therapeutin schnell herausfand, wie sie zu nehmen ist. 

Was unsere Erzählenden aus der psychologischen Behandlung mitgenommen haben, ist sehr unterschiedlich: Einige haben neue Strategien gelernt, wie sie mit den Schmerzen im Alltag besser zurecht kommen. Für andere ist die emotionale Unterstützung im Umgang mit den Schmerzen sehr wichtig, besonders auch die Möglichkeit, die Gefühle angesichts der belastenden Schmerzen einmal herauszulassen zu können. Einige beschreiben, dass ihnen die Behandlung half, seelische Ursachen aufzuarbeiten, die Krankheit besser zu verstehen und in ihr Leben einzuordnen oder eine allgemeine Lebenshilfe zu erhalten. Manchmal hatte die Psychotherapie zwar keinen Einfluss auf die Schmerzen, verbesserte aber das allgemeine Wohlbefinden oder förderte die persönliche Entwicklung.

Holger Ziegler lernte in der Psychotherapie, dass viel an einem selbst liegt.

Meike Decker ist beeindruckt wie viel die Psychotherapie aus ihr herausgekitzelt hat.

Manche Erzählende begannen eine Therapie, brachen aber wieder ab, da sie das Gefühl hatten, dass sie ihnen nichts bringe oder zu viel Zeit koste. 

Franz Albrecht brach die ambulante Therapie ab, da sie ihm zu aufwändig war.

In der psychologischen Behandlung kam es bei manchen Erzählenden zu einem Missverständnis, was das Thema der Behandlung sein sollte. Nicht alle psychologischen Erklärungen oder Ratschläge wurden als hilfreich empfunden. So fanden einige das Bohren in der Vergangenheit unsinnig oder hatten den Eindruck, dass die Psychotherapeut*innen sich zu sehr auf bestimmte Themen versteiften. Ein Erzähler hatte den Eindruck, dass die Psychotherapeuten meist zu wenig Einblick in die Lebenssituation ihrer Patienten hätten, um wirklich sinnvoll raten zu können.

Weil man bei Meike Decker zunächst keine Diagnose stellen konnte, wurde ihr eine Psychotherapie empfohlen. Sie fühlte sich missverstanden.

Ursula Bach fand es ärgerlich, dass der Psychologe immer nur auf ihrer Beziehung zu ihrem Mann herumritt.

Bei der Psychotherapie unterscheidet man verschiedene Methoden. Unsere Interviewpartner*innen berichteten von Gesprächspsychotherapie, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologischer Therapie, Psychoanalyse, Hypnosetherapie und verschiedenen Entspannungsverfahren. Für den Erfolg einer Therapie ist oft nicht die Methode entscheidend, sondern die Qualität der Beziehung zwischen Therapeut*in und Klient*in.

Psychotherapie wird sowohl von ausgebildeten Ärzt*innen, häufig Psychiater*innen, als auch von Psycholog*innen ausgeübt. Im Unterschied zu einem*r Psychiater*in kann ein*e psychologische*r Psychotherapeut*in keine Medikamente (z.B. Psychopharmaka zur Unterstützung der Therapie) verschreiben.

Neben den gesprächsorientierten psychotherapeutischen Behandlungsmethoden gibt es weitere auf psychische Erfahrungen abzielende Therapieformen, die von anderen Therapeut*innen angeboten werden. Einige Interviewpartner*innen machten während eines Klinikaufenthalts Erfahrungen mit Musik-, Gestaltungs- oder konzentrativer Bewegungstherapie und erlebten diese Verfahren als sehr hilfreich, um einen besseren Kontakt zu ihren Gefühlen zu bekommen und aktiver zu werden.