Behörden, Kostenträger und Finanzen

Durch die Erkrankung mussten sich unsere Erzähler*innen auch mit Kostenträgern und Behörden auseinandersetzen, was sehr zeitaufwändig und gelegentlich auch nervenaufreibend sein konnte. Die meisten berichten, dass sie sehr gute Erfahrungen mit ihren jeweiligen Krankenkassen machten und die Kosten für die nötigen Behandlungen, Medikamente und Versorgungsmittel problemlos ersetzt bekamen. Einige beklagten jedoch, dass sie bei ihrer Krankenkasse viele Dinge, wie zum Beispiel Physiotherapie, Nahrungsergänzungsmittel oder komplementärmedizinische Therapien, die sie für ihr Wohlbefinden und ihre Gesundung wichtig fanden, selbst bezahlen mussten und dass dies sehr teuer werden konnte.

Sylvia Herrmann stellte fest, dass sie eine sehr gute Krankenkasse hatte.

Emil Groh musste sehr kämpfen, damit große Rechnungen nicht an ihm hängen blieben.

Viele erzählten, dass sie sich von den Mitarbeitenden der Kostenträger gut unterstützt und persönlich beraten fühlten. Einige machten auch schlechte Erfahrungen, kämpften vergeblich oder fühlten sich im Umgang mit den Behörden und Kostenträgern überfordert, weil sie zum Beispiel nur mühsam die richtigen Ansprechpartner*innen fanden oder sich mit den vielen Formalitäten schwer taten. Sie beklagten, wie viel Kraft mit den Kämpfen um Erstattung und Leistungsbewilligung verloren gehe, die man eigentlich für die Genesung brauche, und dass man immer als Bittsteller mit Bringschuld auftreten müsse.

Dieter Loewe machte mit Krankenkasse und Rentenversicherung immer gute Erfahrungen.

Sonja Novotny hatte immer Glück bei ihren Kontakten mit Kostenträgern und war froh, Beamtin zu sein.

Maria Rich bekam von der Rentenversicherung eine sehr persönliche Beratung zur Klinikwahl.

Ernst Schmidbauer wundert sich, dass die Kostenträger nicht besser über das Internet kommunizieren.

Klaus Wippich erzählt, wie er durch eine Aktion bei einer Krankenkasse die Mitarbeitenden aufrütteln wollte.

Manche konnten zusätzliche Hilfen zur Unterstützung im Alltag oder zur Familienbetreuung während des Krankenhausaufenthaltes in Anspruch nehmen, für die sie sehr dankbar waren.

Sarah Lemke war sehr dankbar, dass ihr über längere Zeit eine Familienhelferin bewilligt wurde.

Finanzielle Veränderungen

Einige unserer Interviewpartner*innen stellten keine finanziellen Nachteile durch die Erkrankung fest, die meisten jedoch verzeichneten mehr oder weniger große Einbußen. Dies konnte dadurch bedingt sein, dass sie früher und dadurch mit geringerem Anspruch in Rente gingen. Finanzieller Zusatzaufwand entstand durch besondere Medikamente oder Versorgungsmittel oder durch die Notwendigkeit, privat und nicht mehr mit Gruppen zu reisen. Einige, die noch Belastungen wie Hausabzahlung oder Versorgung von Kindern oder geschiedenen Partner*innen hatten, beklagten, dass es finanziell sehr eng geworden sei; hier habe oft nur die Hilfe durch Freund*innen oder die finanzielle Unterstützung der Partnerin/des Partners über Notzeiten hinweggeholfen. So mussten oft neue Prioritäten gesetzt werden. Wilfried Schönfeld konnte zum Beispiel durch den Verkauf seines Hauses erreichen, dass er sich wieder Träume verwirklichen konnte.

Besonders die selbstständig Tätigen verwiesen darauf, wie wichtig es sei, schon in jungen Jahren entsprechende Zusatzversicherungen, etwa eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder Tagegeldversicherung abzuschließen, da dies sie vor dem Ruin oder massiven Einschränkungen bewahrt habe. Ein Interviewpartner rät auch zu einer Haftpflichtversicherung, die Schäden abdecken könne, wenn man zum Beispiel im Hotel oder auf Reisen durch eine Panne mit dem Stoma Bettzeug verschmutze. Hierbei verweist eine Interviewpartnerin darauf, dass Krebserkrankte kaum Chancen haben, neu in eine private Krankenversicherung aufgenommen zu werden und dass sie für viele Zusatzversicherungen fünf Jahre gesperrt sind.

Wilfried Schönfeld hatte mit seiner Lebensversicherung üblen Streit, fand aber einen Richter, der ihm half.

Oskar Lord-Grebl genierte sich manchmal, privatversichert zu sein.

Petra Thomas ist unsicher, ob sie lange genug in Deutschland gearbeitet hat, um finanziell abgesichert zu sein.

Schwerbehindertenstatus

Bei vielen unserer Erzähler*innen veranlasste schon der Sozialdienst in der Klinik der Erstversorgung einen Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis, oder sie wurden in der Rehaklinik, oder beim Hausarzt/bei der Hausärztin auf ihren Anspruch aufmerksam gemacht. In der Regel verliefen Beantragung und Gewährung problemlos (siehe auch http://www.vdk.de/deutschland/pages/themen/behinderung/9196/der_schwerbehindertenausweis).

Dieter Loewe beantragte seinen Schwerbehindertenausweis mit Hilfe der Sozialberatung schon in der Klinik.

Einige erfuhren allerdings erst durch Zufall, durch ihre Selbsthilfegruppe oder Mitpatient*innen von dieser Möglichkeit. Viele wurden zu Beginn auf 100 Prozent eingestuft und erfuhren dann nach fünf Jahren, mit oder ohne erneute Überprüfung, eine Herabstufung auf 80 oder 50 Prozent. Manche unserer Interviewpartner*innen fanden dies sehr ärgerlich, vor allem wenn es ihnen gesundheitlich noch nicht besser ging und konnten oft auch erfolgreich Widerspruch einlegen und eine erneute Höherstufung erreichen. Andere freuten sich darüber, da sie die Herabstufung als Zeichen ihrer Gesundung werteten oder fanden die Vorteile des Ausweises nicht der Mühe eines neuen Verfahrens wert.

Karl Bergmann konnte erreichen, dass sein Schwerbehindertenstatus nicht ganz zurückgestuft wurde.

Iris Niebling verzichtet darauf, ihren Status wieder höher bewerten zu lassen, weil ihr das nichts bringt.

Nicht alle wollten einen Ausweis haben, um sich nicht behindert fühlen zu müssen.

Joachim Braun war schockiert, als er plötzlich einen Schwerbehindertenausweis mit 100% bekam.

Wilfried Schönfeld möchte trotz der Vorteile keinen Behindertenstatus haben.

Als Vorteile des Behindertenstatus wurden vor allem der Steuerfreibetrag und gelegentliche Eintrittsermäßigungen erwähnt. Wenige erhielten auch das Merkzeichen „G“ (Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr), was sich oft als hilfreich erwies wie zum Beispiel durch Vergünstigungen beim Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Schlüssel für Behindertenstatus ist weiterhin eine große Entlastung für manche Interviewpartner*innen.