Die Erfahrungen von Anton Huber

Portrait Epilepsie unbekannter Ursache, einfach fokale Anfälle, komplex-fokale Anfälle, sekundär generalisierte Anfälle. Anton Huber ist 55 Jahre alt und leidet bereits seit seiner Kindheit an Anfällen. Auf Grund der Epilepsie konnte er sein BWL-Studium nicht abschließen und arbeitete danach in Buchhaltungsstellen. Die Anfälle traten über die Jahre unterschiedlich häufig auf. Zum Zeitpunkt des Interviews hatte sich die Anfallshäufigkeit stark verbessert. Er ist momentan ohne Arbeit und lebt er seit ein paar Jahren wieder im Haus seiner Familie.

Seinen ersten epileptischen Anfall hatte Anton Huber im Alter von 14 Jahren. Nachdem die Anfälle ein paarmal aufgetreten waren, bekam er schließlich Medikamente. Immer wieder war er danach für längere Zeit anfallsfrei. In diesen Phasen versuchte er, die Krankheit zu vergessen. Als die Anfälle während seines BWL-Studiums wieder häufiger wurden, kam es zu einem Klinikaufenthalt und einer Medikamentenumstellung. Nach dieser Umstellung  merkte er, dass es ihm immer schwerer fiel, die Erfordernisse des Studiums zu erfüllen, sodass er es schließlich abbrach, was er bis heute als großen Bruch in seinem Leben empfindet. Im Anschluss arbeitete er an verschiedenen Stellen in der Buchhaltung.

Zu diesem Zeitpunkt beschloss er, für mehrere Jahre nach Frankreich zu gehen, da er das Gefühl hatte, aus seiner alten, als zunehmend beengend erlebten Heimat einmal raus zu müssen. Während dieser Zeit, die er als beste Zeit seines Lebens beschreibt, war er vollständig anfallsfrei.

Als er in seinen alten Heimatsort zurückkehrte, hielt die Anfallsfreiheit zunächst an, jedoch traten die Anfälle nach einigen einschneidenden Ereignissen, wie dem Tod seines Vaters, wieder auf. In der Folgezeit wechselte er häufig die Arbeitsstelle, erwarb verschiedene Zusatzqualifikationen im Computerbereich, es gelang ihm jedoch nicht, einen Ausbildungsabschluss zu erreichen. Anton Huber beschreibt, dass er sich seit der ersten großen Medikamentenumstellung während des Studiums nicht mehr so leistungsfähig fühlt und gerade in Lern- und Prüfungsphasen unter kognitiven Einschränkungen leidet. Ob dies durch die Krankheit selbst oder die Medikamente bedingt ist, ist schwer zu unterscheiden. Zuletzt arbeitete er als Buchhalter und ist nun seit zwei Jahren ohne Arbeit. Er fühlt sich aus diesem Grund sozial wenig anerkannt und ist derzeit dabei, neue Berufsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven abzuwägen.

Vor einem Jahr hatte er noch einmal eine akute Anfallsphase, in der er mehrere tonisch-klonische Anfälle hatte, was er als sehr belastend beschreibt. Sein Arzt überwies ihn daraufhin an ein Fachzentrum für Epilepsie und mit Hilfe eines neuen Medikamentes konnten dort die Anfälle wieder gut eingestellt werden.

Anton Huber empfindet es als große Belastung, wie viel Raum die Krankheit in seinem Leben einnimmt, und welche Rolle sie an entscheidenden Wegpunkten seines Lebens privat wie beruflich, immer wieder spielte. Belastet haben ihn auch immer die Anfälle selbst, die er als Jugendlicher als lebensbedrohlich wahrnahm und heute als sehr destruktiv erlebt. Hilfreich ist hingegen für ihn, dass er immer ein Vorgefühl vor dem Anfall hat, das ihn rechtzeitig warnt, so dass er sich noch in Sicherheit bringen kann, bevor der Anfall beginnt.

Anton Huber hat immer sehr ungern über seine Erkrankung gesprochen, und erzählt nur sehr wenigen, ausgewählten Leuten in seinem Umfeld davon. Er lebt in einer sehr ländlichen Gegend und stößt hier auf wenig Verständnis für seine Situation.

Er ist froh, dass es ihm in seinem Leben gelungen ist, trotz der großen Herausforderungen durch die Epilepsie, seinen Humor nicht zu verlieren. Es hat ihm sehr geholfen, sich in vielen Bereichen immer wieder für Neues zu interessieren und damit abzulenken, von der Börsenlage bis hin zu Henry David Thoreau.

Das Interview wurde im Herbst 2012 geführt.

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