Dagmar Schiffer ist der Meinung, dass Panik die endgültige Diagnose nicht ändere und das Leben weiter gehe.

Für mich ist immer wichtig, dass ich meinen Alltag leben kann. Und ich hatte mich natürlich auch mit meinem Frauenarzt, dem Professor, unterhalten. Und der hat zu mir gesagt: "Brustkrebs ist kein Notfall. Und Brustkrebs ist in jedem Stadium behandelbar, egal, was für einen Sie haben. Gehen Sie jetzt erst einmal nach Hause, Sie können an dem Ergebnis, was dann in zwei, drei Wochen feststeht, eh nichts ändern." Und mir war auch klar: Durch meine Gedanken kann ich nichts ändern. Also wenn ich jetzt Panik habe, ändere ich die endgültige Diagnose nicht. Die ändere ich auch nicht, wenn ich jetzt pfeifend durch die Gegend laufe. Es wird alles so bleiben, wie es ist, bis zur Diagnose. So und ich habe nicht gewusst, dass ich diese Stärke, ich nenne das jetzt einmal so, in mir habe, dass ich mit Situationen umgehen kann, die, ich sage einmal, eine Katastrophe sein können, bei denen es aber nicht klar ist, ob es eine ist.
Dass ich- also ich hatte keine Panik, ich hatte zu keiner Zeit Panik. Das hört sich ganz seltsam an und weil die Leute mir auch immer sagen: "Brustkrebsdiagnose, das hat dir bestimmt den Boden unter Füßen weggezogen?" Nein, hat es nicht. Ich kann nicht sagen, warum, aber es war so. Ich habe nur gedacht: Okay, wenn das jetzt so sein sollte- ich bin davon ausgegangen, weil meine Mutter das halt hatte, dann hast Du halt Brustkrebs und dann musst Du eben diesen Weg gehen. Aber es hat jetzt keinen Sinn, herum zu paniken, herum zu heulen, tausend Leute anzurufen. Das wird an der möglichen Diagnose nichts ändern. Ja, ich hab mich morgens immer gefragt, das ist auch so meine Lebensphilosophie- wenn ich morgens wach werde, mir war immer nur: Was kann schlimmstenfalls passieren? Und mir war immer nur wichtig: Was bedeutet das für mich konkret für diesen Tag? Und schlimmstenfalls kann passieren, dass der Professor dir sagt, du hast Brustkrebs. Was bedeutet das konkret für diesen Tag? Nichts. Ich komme abends nach Hause, setze mich mit meinem Hund auf das Sofa und gucke Nachrichten. (...)
Und so war das auch. Und da hab ich dann gemerkt, der Alltag geht weiter. Der Alltag geht weiter. So seltsam sich das anhört, aber der Alltag geht weiter. Der geht nicht weiter, wenn man, wie mein Mann zum Beispiel- der ist an einer Lungenembolie ganz plötzlich gestorben. Wir waren einkaufen und dann bekam er die und auch der Notarzt konnte nichts mehr tun und dann geht das Leben nicht mehr weiter. Wenn ein Notfall eintritt, Herzinfarkt oder was auch immer, kann das Leben, wenn man nicht sofort handelt, zu Ende sein. Aber wenn man eine Diagnose Brustkrebs bekommt, dann ist das Leben erst mal genauso wie vorher, wie am Tag vorher, als man es noch nicht wusste. Es ändert nichts. Es ändert an den Tagen, die man dann lebt, nichts. Man muss dann Entscheidungen treffen: Operieren, Chemo, hin und her. (...)
Aber ich dachte immer, das ist absolut der Wahnsinn, das ist es gar nicht. Da sagt ein Arzt: "Ja, Sie haben wahrscheinlich Brustkrebs." Ja, dann sagt der das. Was ändert das für den Tag konkret? Gar nichts.