Barbara Hass hat sehr eindrückliche Erinnerungen an die Empfindungen bei ihrem ersten Anfall

Also, es war ein heißer Sommertag. Dann ging ich so eine Teerstraße hoch und diese Sommertage im Juli, die sind ja richtig trocken heiß. Und ich lief im Halbschatten, lief, ging langsam, trottelte so nach der Schule hoch und habe gemerkt, dass mich plötzlich ein merkwürdiges, so eine Art brennendes Spannungsgefühl überfällt. Und zwar so, als würde in mir eine Kraft hier hin ziehen und eine andere Kraft genauso stark hier hin ziehen, aber nicht nur hier und hier, sondern in alle Richtungen. Also, als wäre ich in der Mitte und in alle Richtungen ziehen gleich starke Kräfte weg.

So, dass alle gleich stark sind, dass ich zur Immobilität verurteilt bin dadurch. Extrem vitale Kräfte. Und dann hatte ich das Bild von so- wenn man die Augen schließt bei Sonnenlicht, wird es doch so rot- von so einer Art von Röte, die von Splittern und Funken durchzogen war, so wie wenn man- es gibt doch diese, wie heißen diese Teile- Wunderkerzen, die auch so knisternd splittern, so ein kaltes, schnelles Feuer. Das war da. Und also so empfand ich das direkt, wenn ich es im Nachhinein beschreibe, oder habe es beschrieben mit den Worten: das ist wie in meinem Physikbuch, als wir über Magnetismus gelernt haben. Da waren da so Eisenspäne und da war ein Pluspol und ein Minuspol, dann waren zwei Pluspole oder zwei Minuspole und je nachdem und dann haben sich die Eisenspäne so angeordnet.
 
Und in diesem Rotfeld gab es eben ganz viele kleine flimmrige Späne. So, das war so das visuelle oder das Spannungsempfinden. Und dann kam noch ein akustischer Eindruck dazu, nämlich als würde von allen Seiten her, so eine ganz tiefe, dunkle Glocke geschlagen. So Bong, so eine sehr tiefe Metallglocke, wo sich die Schallwellen ausgebreitet haben. Das hat auch was sehr metallisch-elektrisches – nein, nicht elektrisches, sondern was ganz altmetallisches. Und dann, zum Schluss hörte ich, extrem intim, jemand oder etwas sagte oder rief meinen Namen. Und dann fiel ich und wusste gar nichts mehr. Und dann hat mich eben jemand gefunden und ich habe mich wiedergefunden im Wohnzimmer, so um ein Uhr mittags, auf der Couch meiner Eltern und alle waren sehr erschreckt, und ich war schlapp und hatte innerlich aufgebissene Wangeninnenmuskeln, war müde und habe geschlafen.
 
Also, jetzt, wenn ich erzähle, fielen mir doch noch ein paar Sachen ein, an die ich mich jetzt im Moment erinnere, die ich eigentlich vergessen hatte, die wenigen Male, die ich darüber geredet habe. Es ist eine sehr intime Angelegenheit. Also, eine extrem intime. Man weiß nicht, woher kommt die Stimme, woher kommt das und es fühlt sich mächtig an, und unentrinnbar natürlich. Aber irgendwie, wenn ich so Beschreibungen lese, über Leute die Nahtoderfahrungen haben, könnte ich mir vorstellen, dass es mit der Vergleichslosigkeit etwas Ähnliches hat. Also, man hat keine Wahl.