Laura Brunner erzählt, dass es für sie immer noch anstrengend ist, in Gemeinschaft zu sein.

Und ich bin ziemlich bekannt dafür, dass ich praktisch mich ankündige erstmal, so: "Ja, ich mache bei einem Treffen mit." Und fünf Minuten davor sage ich ab. Das kann ich sehr, sehr gut und ich weiß, dass ich viele Leute damit wütend mache. Aber ich kann das nicht erklären. Weil es mir peinlich ist auch.
Und dann, um so ein bisschen tiefer zu gehen, also es ist- ich habe ja schon erwähnt, dass ich manchmal- vor allem- also, dass ich die Leute irgendwann nicht verstehen konnte, während der schlimmsten Phase der Krankheit. Und das ist immer noch so manchmal. Ich verstehe nicht- also ich verstehe mittlerweile, dass Menschen vieles machen einfach um ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, um sich wohl zu fühlen, aber vieles was sie machen interessiert mich einfach nicht. Und ich will- also ich- manchmal ist es mir egal, ob ich jetzt- ich weiß nicht, ob ich eine Stunde länger irgendwie mit Leuten zusammensitze, nur um ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Weil wenn ich weggehen möchte, dann möchte ich das. Und ich verstehe nicht, warum- ich verstehe manchmal immer noch nicht, warum Menschen sich manchmal so- manchmal so handeln, wie sie es tun. Und ich möchte aber nicht als irgendwie kalt oder herzlos rüberkommen. Und deswegen möchte- kann ich mich nicht erklären irgendwie. Und dann kommt das einfach manchmal zu der Situation, dass ich weggehe von der Situation und mich dann aber schlecht fühle, weil ich nicht erklären kann, warum ich jetzt weggegangen bin. – Genau.
Das heißt, Sie verabschieden sich dann und beenden die Gruppensituation und gehen nach Hause?
Ja, oder ich komme erst gar nicht. Also wenn ich- naja, ich bin immer noch sehr, sehr gerne einfach alleine und es fällt mir schwer manchmal, in Gruppen zusammen zu sein. Und manchmal denke ich mir schon von vornherein: Oh Gott, ich kann mich nicht mit denen- ich kann mich nicht- ich werde mich nicht wohlfühlen können. Die werden mir ja sowieso fremd sein die ganze Zeit und ich werde mich die ganze Zeit fragen: Was mache ich eigentlich hier? Und ja, deswegen komme ich manchmal auch gar nicht.
Und sehr oft ist es auch so, wenn ich mit Leuten rede und es um die Vergangenheit geht oder sie irgendwie Witze machen über irgendwas und mich ein Thema sehr, sehr berührt, dann kann ich oftmals nicht mitreden, weil ich praktisch, von meiner Jugend vor allem jetzt, sehr wenige witzige Geschichten auf Lager habe zum Beispiel. Niemand- also ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwie jemand hören will, wie ich eine Geschichte erzähle, die anfängt mit dem Satz: „Als ich so dünn war, dass ich keine Kraft mehr für irgendwas hatte“. Das will, glaube ich, niemand und deswegen kann ich sehr oft nicht über Dinge mit anderen Personen reden. Weil sie einfach mit der Magersucht zu tun haben. Und dadurch fühle ich mich auch manchmal noch sehr isoliert. Und ich warte einfach darauf, dass ich irgendwann mal einen Menschen kennenlerne, dem ich offen alles sagen kann.