Anna Wagner erzählt, wie gut es ihr tut, wenn ein Arzt sie als ganzen Menschen betrachtet und ihre Art des Umgangs mit der Erkrankung respektiert.

Was mir auch hilft, oder was mir auch gut tut, ist, wenn ich merke, ein Arzt, oder ein anderer Therapeut, wie auch immer, sieht in mir jetzt nicht nur den Schmerz, sondern eben auch den Menschen, der aus mehr besteht, als nur aus dem Schmerz.

Also so diese- ich denk so an eine Ärztin, zum Beispiel, bei der ich zum ersten Mal war, und so nach der Anamnese sagt sie dann: „Ja, Sie haben eine Menge durchgemacht und - was gibt Ihnen die Kraft, das auszuhalten?“ Und die Frage hat mir insofern gut getan, weil da war die Aufmerksamkeit auf einmal weg von den ganzen Defiziten und was alles ich nicht kann und so.
Die Frage- also die ganze Aufmerksamkeit war auf einmal bei irgendwelchen Kraftquellen und um die Antwort geben zu können, muss ich ja auch selber da drüber nachdenken. Und es ist eine gute Frage, die auch nachwirkt, die hat auch nachgewirkt, die Frage, über das Gespräch hinaus.

Also es gibt einen Arzt, der jedes Mal mindestens eine Frage mir stellt, die überhaupt nichts mit meiner Krankheit zu tun hat.
Also entweder fragt er, was ich gerade lese- also er sieht ja, ich warte und lese dann irgendwas, und dann stellt er eine Frage zu dem Buch. Oder - ja als damals unser erstes Enkelkind geboren worden ist.
Also eine Frage immer, die mit mir als Person was zu tun hat. Und das tut auch gut, irgendwie. Ich habe zwar den Schmerz, aber ich bestehe aus mehr als nur aus dem Schmerz. Das ist auch so wichtig.

Und was mir auch gut tut, wenn ich merke, derjenige lässt mir meine Art der Krankheitsverarbeitung. Also, was für mich immer sehr anstrengend ist, wenn- egal jetzt ob Ärzte, oder Freunde- so mit ihren eigenen Vorstellungen kommen, so mit ihren eigenen Konzepten von guter Leidensbewältigung. Sondern wenn ich spüre, ich werde so in meiner Form respektiert.