Annemarie Merscher nahm all ihren Mut zusammen, um nach finanzieller Unterstützung zu fragen.

Als ich Krebs hatte, haben wir uns finanzielle Sorgen gemacht. Mein Mann war ja auch vorher lange krank gewesen und ich auch. Das Krankengeld ist ja nur ein Teil von dem, was man verdient sonst. Und ja, man muss ja überall die Zuzahlung machen. Ich habe unter den Chemos zugenommen, das heißt ich musste auch neue Sachen haben. Ich musste Sitzbad machen bei der Wundheilungsstörung. Noch nicht mal diesen Einsatz für die Toilette. Das muss man wirklich alles selber zahlen. Alle zusätzlichen Sachen. Ich hatte lange meinen HB runter. Was man zusätzlich nimmt, damit das steigt. Man muss alles selber zahlen. Das hätte ich nie gedacht, weil ich finde, mein Mann und ich, wir haben uns immer als gute Mittelschicht empfunden. Mein Mann ist im öffentlichen Dienst, ich bin im öffentlichen Dienst. Ich hätte nie gedacht, dass wir am Ende des Monats sagen: Wie sollen wir den nächsten Monat schaffen? Und das ist tatsächlich 2014 passiert. Ich wusste jetzt, dass es den Krebsfonds gibt am [Krankenhaus Stadt A]. Und ich habe meinen ganzen Mut zusammengenommen, ich habe da angerufen. Ich hatte bei einer angerufen, die ich auch kannte von früher von den Schulen, von den Kindern her. Und dann hat die Vorsitzende angerufen, die kam jetzt aus dem Nachbardorf, wo mein Mann gebürtig herkommt. Die rief zurück und hat gesagt: "Ich finde das ganz toll, dass du anrufst und fragst. Natürlich helfen wir." Man braucht denen überhaupt nichts vorlegen. Gar nichts. Und dann hat sie auch gesagt: "Gib mir deine Kontodaten, wir werden dir was überweisen. Und nicht nur für die Kosten, die du hast. Du darfst mit deinem Mann auch mal schön essen gehen oder Kaffee trinken gehen oder Eis essen gehen. Ihr müsst auch mal was Schönes machen in der Zeit." Da war ich so dankbar drüber. Und ich erzähle das, wenn ich hier jemanden kennenlerne, immer. Ich habe gesagt, ruf beim Krebsfonds an. Damals im Nachhinein war ich später bei der Gruppe Frauen nach Krebs 5 Jahre. Da hat auch eine, um wieder zu ihrer Arbeit zu können, sogar ein E-Bike damals bekommen. Weil die konnte kein Auto fahren und die hatte nicht mehr die körperliche Kraft, mit dem Fahrrad zu fahren. Das hatte ich allerdings auch. Ich habe ein Jahr nach meiner Darmkrebs-OP mir ein E-Bike gekauft, weil ich bin nur noch 14 km/h gefahren und wenn ich einkaufen war 12. Ich habe gedacht, ich falle mit dem Fahrrad um. Ich habe damals eine Nachzahlung von meiner Teilerwerbsminderungsrente bekommen und habe gesagt, und das wird mein E-Bike, weil das Fahrradfahren wollte ich mir nicht nehmen lassen. Was ich damals nicht wusste, dass man bei der Deutschen Krebshilfe auch was kriegen kann. Das habe ich im Nachhinein erfahren. Im November 18 bin ich in [Stadt G] gewesen. Da war eine [Veranstaltung A]. Da bin ich mit gewesen. Ich habe das überhaupt nicht gewusst. Da ist auch ganz oft, dass junge Leute, wenn sie Krebs haben, dass sie immer gleich in die Vollerwerbsminderungsrente geschoben werden. Die sollen ihnen doch eine Teilerwerbsminderungsrente geben, dass die stundenweise arbeiten. Das habe ich auch im Besuchsdienst einer jungen Frau gesagt, die Morbus Krohn hat und ein Stoma gekriegt hat. Der ging es ganz dreckig, die war damals 26 und die hat einen ganz tollen Arbeitgeber, der das mitmacht, und die kriegt tatsächlich ihre Teilerwerbsminderungsrente und ein Teil geht sie arbeiten. Weil sie sagt: "Ich kann doch nicht mit Mitte 20 schon zu Hause sitzen." Kann man auch nicht. Wenn es einem schlecht geht, ja, es muss einem auch wieder besser gehen. Aber man wird meistens über die Krankenkassen sofort in der Rentenversicherung/ Was kriegt man denn mit Mitte 20 an Rente? Nichts. Aber so eine Teilerwerbsminderung, die hilft zu dem, was man verdient.