Die Erfahrungen von Walther Girtler

Portrait Walther Girtler ist 73 Jahre alt, verheiratet und berentet. 2003 wurde Prostatakrebs bei ihm diagnostiziert. Er leidet unter Inkontinenz, die sich im Verlauf nur leicht verbesserte. Im Nachhinein fühle er sich nicht genügend über die Folgen einer Operation aufgeklärt.

Aufgrund von Problemen beim Wasserlassen und Erektionsschwierigkeiten suchte Walther Girtler Ende 1999 seinen Urologen auf. Daraufhin erfolgten mehrere Biopsien ohne bedenklichen Befund. Als 2003 aufgrund der fortbestehenden Beschwerden nochmals eine Biopsie durchgeführt wurde, stellte sich heraus, dass der Krebs bereits an acht Stellen in der Prostata nachweisbar war. Er habe gar nicht gewusst, was Prostatakrebs bedeutet, als ihm die Diagnose mitgeteilt wurde.

Von seinem Arzt fühlte er sich nicht ausreichend aufgeklärt. Dieser schlug lediglich Kliniken vor, in denen eine Operation durchgeführt werden könne, welche ihm als einzige Behandlungsoption präsentiert wurde. Daher habe es für ihn keine richtige Entscheidungsmöglichkeit gegeben, berichtet Walther Girtler. Da er gerade neu geheiratet hatte und erst 63 Jahre alt war, ließ er sich in der Hoffnung operieren, dadurch eine höhere Lebenserwartung zu erreichen. Heute bezeichnet er die Empfehlung des Arztes für die Klinik als den „schlechtesten Rat“, da er seitdem dauerhaft unter Inkontinenz leidet, was er sich dadurch erklärt, dass bei der Operation ein Nerv beschädigt worden sein muss. Auch noch drei Monate nach der Operation bestand das Problem der Inkontinenz weiter und Walther Girtler benötigte acht bis zehn Vorlagen am Tag. Trotz Beckenbodengymnastik und der Anwendung von Magnetströmen zur Stärkung des Muskelgewebes habe sich das nicht viel verbessert.

Durch mehrere Schicksalsschläge, wie unter anderem den Verlust seines Sohnes, den er bis heute nicht überwunden hat und dem Verlust seiner ersten Frau, hat Walther Girtler bereits vielfältige Erfahrungen mit Selbsthilfegruppen gemacht. Als er von seinem Hausarzt gebeten wurde, in seiner Gegend eine neue Prostatakrebsselbsthilfegruppe zu gründen, sagte er sofort zu und gibt gerne seine eigenen Erfahrungen an andere weiter.

Er sei froh, dass es ihm einigermaßen gut gehe und fahre viel Fahrrad mit einem speziellen Sattel für Prostatakrebserkrankte. Walther Girtler würde heute vieles anders machen als früher, zum Beispiel wäre er in ein Universitätsklinikum gegangen, weil er sich dort bessere Operationserfolge erhoffe. Für die Zukunft wünscht er sich, dass er einigermaßen gesund bleibt.

Das Interview wurde Mitte 2013 geführt.

 

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