Die Erfahrungen von Wilhelm Berger

Portrait Wilhelm Berger ist 75 Jahre alt und hat einen erwachsenen Sohn. Jahre vor seiner Prostatakrebsdiagnose im Frühsommer 2009 hatte er zwei Herzinfarkte. Zweieinhalb Jahre nach der Diagnose starb seine Ehefrau. Er befindet sich immer noch im Prozess der Aufarbeitung.

Aufgrund von Problemen beim Wasserlassen suchte Wilhelm Berger seinen Urologen auf. Dieser stellte eine Vergrößerung der Prostata fest und empfahl zur weiteren Diagnostik eine Biopsie. Wilhelm Berger erbat sich aus Angst vor dem Ergebnis Bedenkzeit. Er habe sich schließlich für die Gewebeprobe entschieden, da er nur mit diesem Wissen adäquat reagieren könne. Beim Warten auf das Ergebnis machte er sich viele Gedanken. Dass er mit seiner Ehefrau darüber sprechen konnte und sie ihm beistand, half ihm sehr.

Nachdem er die Prostatakrebsdiagnose erhielt, räumte er sich erneut Bedenkzeit ein und trat in Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe. Durch den Erfahrungsaustausch mit Betroffenen entschloss er sich, eine Operation durchführen zu lassen und ist bis heute zufrieden, diesen Weg gegangen zu sein. Über seinen Operateur spricht Wilhelm Berger mit Tränen der Rührung in den Augen: Er nahm sich stets viel Zeit, hatte Geduld und strahlte auf Wilhelm Berger eine große Ruhe aus, sodass er tiefes Vertrauen zu ihm aufbauen konnte.

Kurze Zeit nach der Operation machte er in Begleitung seiner Ehefrau einen Reha-Aufenthalt, den er als sehr erfolgreich empfand. Jedoch war es ihm unangenehm, dass er im Gegensatz zu vielen Mitpatienten keine Kontinenzbeschwerden hatte – aus Schamgefühl nahm er sich dennoch stets eine Vorlage. Im Gespräch mit anderen nahm er häufig die Rolle des Zuhörers ein, weil er sich scheute zu erzählen, dass er kaum körperliche Probleme hat.

Ausgelöst durch den Tod seiner Ehefrau befindet er sich immer noch im Prozess, das Thema Sterben für sich zu bearbeiten. Große Angst vor dem Tod habe er nicht mehr. Wilhelm Berger betont mehrmals, dass es ihm überaus geholfen habe, seinen Blick nach vorne zu richten und zu versuchen, das Beste aus seiner gegenwärtigen Situation zu machen.

Auch wenn er dennoch schöne Zeiten erleben könne, so habe er heute nach dem Tod seiner Ehefrau ein ganz anderes Leben: sein privates Umfeld, seine Freizeit- und Urlaubsaktivitäten haben sich geändert. Vieles mache er alleine einfach nicht mehr. Daher versucht er beispielsweise durch die Mitgliedschaft in einem Sportverein Gesellschaft zu haben. Ab und zu geht er in die Kirche, seine „Anlaufstelle“ ist aber das Grab seiner Ehefrau. Dies sei ein Ort, wo er für sich Dinge ordne.

Das Interview wurde Mitte 2013 geführt.

 

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