Die Erfahrungen von Felicitas Welter
Felicitas Welter lebte mit ihrem Ehemann und zwei Kindern in einer Wohnung in einer Metropole. Sie war als Architektin tätig. Zum Zeitpunkt des Interviews im März 2022 war sie 49 Jahre alt. Sie entwickelte Erkältungssymptome wie Fieber und Kopfschmerzen und wurde gegen Ende der Quarantäne ihres Mannes, der im Januar 2021 erkrankte, positiv auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet. Felicitas Welter empfand zum Zeitpunkt des Interviews noch große Erschöpfung.
An einem Montag im Januar 2021 erhielt der Ehemann von Felicitas Welter ein positives Testergebnis, er hatte sich bei einer Kollegin angesteckt. Daraufhin isolierte sich die Familie in ihrer Wohnung. Das Gesundheitsamt meldete sich Dienstagabend telefonisch bei ihnen und verordnete zunächst eine vierzehntägige Quarantäne. Am Mittwochvormittag wurde Felicitas Welter und die gesamte Familie vom Gesundheitsamt getestet. Zu diesem Zeitpunkt fühlte sich Felicitas Welter bereits erkältet, hatte Kopfschmerzen und Schüttelfrost. Bis auf ihren Ehemann wurden alle Testergebnisse negativ. Etwas später bekam Felicitas Welter Fieber, Gliederschmerzen, Magen-Darm-Symptome, Missempfindungen in Nacken und Beinen und trockenen Husten sowie eine starke innere Unruhe. Felicitas Welter beschrieb, dass alle diese Symptome etwa für drei Tage blieben und über die gesamte Erkrankungsdauer zweimal auftraten. Gegen Ende der Quarantäne fühlten sich Felicitas Welter und ihre Kinder noch krank. Ein Nachbar, der in ihrem Mehrfamilienhaus wohnte, war Arzt und testete Felicitas Welter und ihre Kinder. Alle Tests waren positiv, sodass nochmals die volle Quarantänezeit von 10 Tagen für sie und ihre Kinder vom Gesundheitsamt verhängt wurde, nachdem sie bereits 16 Tage absolviert hatten. Somit mussten sie und ihre Kinder insgesamt 26 Tage Quarantänezeit hinter sich bringen. Während der Quarantäne trat ein Wasserschaden in einem der Kinderzimmer auf, der das Zimmer unbewohnbar machte, dies verursachte eine zusätzliche Belastung für die Familie. Trotzdem versuchten alle Familienmitglieder, die Stimmung während der Quarantäne so positiv wie möglich zu halten. Glücklicherweise verfügten sie über eine Terrasse und konnten sich dort im Freien aufhalten. Außerdem, spielten sie viel und schauten Filme. Darüber hinaus hatten die Kinder zu der Zeit Homeschooling und versuchten, die Aufgaben so gut wie möglich zu erledigen. Die Eltern versuchten ebenfalls, das nötigste ihrer Aufgaben im Homeoffice zu bearbeiten. Über Lieferdienste wurden sie in dieser Zeit mit Lebensmitteln versorgt.
Nach dem Wegfall der akuten Symptome fühlte sich Felicitas Welter noch nicht vollständig genesen, sie versuchte trotzdem, über die Arbeit im Homeoffice wieder „in die Gänge“ zu kommen. Sie verspürte zunehmend einen Druck auf der Brust und ihr fiel das Atmen schwerer. Das linke Bein schlief ihr plötzlich ein, sie hatte ein ständiges Kribbeln in der Nackengegend. In dieser Zeit schaffte sie gerade ein paar Stunden Homeoffice und musste sich den restlichen Tag ausruhen. Nach etwa vier Wochen wurde Felicitas Welter von ihrem Hausarzt nochmals krankgeschrieben in der Hoffnung, dass eine längere Regenerationsphase zur vollständigen Genesung führen würde. Dies war leider nicht der Fall, sie fühlte sich zunehmend stärker erschöpft, darüber hinaus kamen weitere Symptome hinzu.
Zu dem Zeitpunkt war das Post-COVID Syndrom weitestgehend unbekannt, die Ärzt*innen ordneten deshalb die Erschöpfung als eine psychosomatische Erkrankung ein. Felicitas Welter begann im August eine psychosomatische Reha. Das Programm der Reha war ihr schnell zu viel, sodass sie die Reha nach neun Tagen vorzeitig beendete, auch, da die Ärzt*innen nicht bereit waren, das Programm an ihre Belastungsfähigkeit anzupassen. Nach der Reha fand sie einen neuen Hausarzt, der sich aufgeschlossen zeigte, sich mit Post-COVID beschäftigen zu wollen. Mittlerweile gab es verschiedene forschende Ambulanzen in der Stadt, die sich mit dem Post-COVID Syndrom beschäftigten. Eine Vorstellung in der Post-COVID-Fatigue-Ambulanz, die hinsichtlich möglicher Behandlungsansätze am vielversprechendsten gewesen wäre, war nicht möglich, da sie aufgrund einer Hashimoto-Thyreoiditis nicht den Diagnosekriterien entsprach. Alle weiteren zahllosen Untersuchungen, die sie in den folgenden Monaten absolvierte, blieben ohne Befund bzw. Therapieansatz.
Im Juni 2021 las sie einen Bericht über ein Medikament, das an einer Uni-Klinik einen Long-COVID Patienten geheilt hatte. Sie ließ sich im August 2021 dort untersuchen um ebenfalls im Rahmen einer Medikamentenstudie das Medikament zu erhalten. Diese Studie wurde bis heute nicht durchgeführt. Immerhin wurden im Rahmen dieser Voruntersuchung bei ihr bestimmte Auto-Antikörper gefunden. Im Januar 2022 kontaktierte sie aus lauter Verzweiflung direkt die Forscher*innen eines Speziallabors, die diese diagnostiziert hatten und wurde auf die Möglichkeit der Behandlung mit einer Immunadsorption aufmerksam gemacht.
Zum Zeitpunkt des Interviews im April 2022 fühlte sich noch nicht gesund und war bereits 13 Monate arbeitsunfähig. Sie empfand noch große Erschöpfung. Die Immunadsorption sollte in der nächsten Woche stattfinden, was ihr viel Hoffnung gab. Felicitas Welter wurde von ihrer Familie sehr unterstützt, sodass sie die Krankheit so positiv wie möglich hinnehmen konnte.
Ein paar Monate später war Felicitas Welter wieder gesund, die Behandlung hat einen unerwartet schnellen und umfassenden Erfolgt gebracht, nicht nur die Erschöpfung ist vorbei, sogar die körperliche Fitness ist bereits vollständig zurückgekommen.