Botschaft an die Fachleute

Die Menschen, mit denen wir in den Interviews über ihre Schmerzerkrankung sprachen, haben meist viele Erfahrungen mit verschiedenen Behandlern hinter sich. Sie haben während des eigenen Krankheits- und Behandlungsverlaufs im medizinischen System viele unterschiedliche sowohl positive als auch negative Erlebnisse gehabt. Daher wissen sie inzwischen oft sehr genau, was sie sich von ihren Ärztinnen/ Ärzten und Therapeutinnen/ Therapeuten wünschen oder gewünscht hätten und was ihnen besonders geholfen hat. Wir fragten die Erzähler und Erzählerinnen deshalb nach ihren Botschaften an die Behandler. In diesen Botschaften wird Kritik deutlich, aber auch immer wieder Verständnis für die schwierige Situation, in der die Behandler selbst sich befinden. 

Für viele unsere Interviewpartnerinnen und –partner ist es entscheidend, trotz ihrer Patientenrolle von den Behandelnden als ganze Menschen wahrgenommen und mit Verständnis behandelt zu werden. Dazu gehört für sie auch, dass die Behandelnden jeweils auf die individuelle Person und Situation der Betroffenen eingehen, sie ernst nehmen und nicht alle über einen Kamm scheren.

Frank Weber wünscht sich von den Ärzten mehr Menschlichkeit, mehr Verständnis und weniger Pauschalisierung. 

Die Interviewten machten immer wieder deutlich, wie wichtig es in diesem Zusammenhang ist, dass die Ärztinnen und Ärzte sich bei der Behandlung Zeit nehmen und zuhören. 

Tanja Werner hat Verständnis für die Situation der Ärzte; sie findet es dennoch wichtig, dass sie sich Zeit nehmen.

Daniela Klein vermutet, dass ihre Situation noch schlimmer wäre, wenn ihre Ärztin ihr nicht so zugehört hätte.

Beate Schulte findet es wichtig, dass die Ärzte genau hinhören und ihre Patienten ernst nehmen.

In der schwierigen Situation, einer Schmerzsymptomatik ausgeliefert zu sein, wünschen sich viele Betroffene, alle Schritte gründlich zu besprechen. Besonders wenn die Entscheidung für oder gegen einen Eingriff getroffen werden muss, kann es wichtig sein, sowohl über Nachteile als auch über Vorteile verschiedener Behandlungsmöglichkeiten sorgfältig aufgeklärt zu werden. 

Klaus Fischer war eine gute Aufklärung über die Vor- und Nachteile eines Eingriffs immer wichtig zur Entscheidungsfindung.

Beate Schulte möchte aufgeklärt werden, um nicht nur Behandlungsobjekt zu sein, sondern auch Partnerin, die mit angehört wird. 

Ein Interviewpartner betont aufgrund seiner eigenen schlechten Erfahrung, dass Patientinnen und Patienten nicht als Versuchskaninchen für neue Schmerzmittel oder Behandlungsformen missbraucht werden dürfen. Andere halten die Behandelnden dazu an, die Erkrankungen ernst zu nehmen und die Schmerzen nicht zu unterschätzen. 

Im Hinblick auf die Behandlung haben viele unserer Interviewpartnerinnen und –partner die Erfahrung gemacht, dass es am hilfreichsten ist, wenn der Schmerz nicht isoliert betrachtet, sondern der Mensch mit seinem Körper und seiner Seele als Ganzes wahrgenommen wird. 

Inge Meyer findet es wichtig, dass in der Schmerzbehandlung der Mensch mit Körper und Psyche als Ganzes gesehen wird.

Jörg Ziegler wünscht sich, dass die Ärzte sich um die Schmerzen kümmern und niemanden als Simulanten abstempeln.

Eine Interviewpartnerin weist darauf hin, dass es noch andere Dinge gibt als den Schmerz, die einen Menschen ausmachen, die gestärkt und berücksichtigt werden müssen, damit man auch mit dem Schmerz besser umgehen könne.

Andrea Müller betont, dass man trotz der Erkrankung ein Mensch in seiner Gesamtheit ist und nicht nur Schmerz.

Die Interviewten plädieren immer wieder dafür, die Schmerzbehandlung interdisziplinär und multimodal anzugehen, also auf verschiedenen Ebenen und durch verschiedene Fachrichtungen gleichzeitig. Einige unserer Gesprächspartnerinnen und –partner haben die Erfahrung gemacht, dass die Therapie erst auf diese Weise optimal gestaltet werden konnte.

Eine Erzählerin beschreibt, dass die Schmerzen Folgen in vielen Bereichen haben: sowohl körperlich, psychisch, aber auch finanziell und im sozialen Umfeld. Sie wünscht sich, dass Ärzte diese Auswirkungen mitbedenken und im Bedarfsfall an weitere Hilfsangebote verweisen.

Maria Schmitz fand es bei ihrer Behandlung besonders hilfreich, dass verschiedene Ärzte zusammen gearbeitet haben. 

Richard Schäfer rät Ärzten, schon früher die Möglichkeit einer psychosomatischen Erkrankung einzubeziehen. 

Ursula Bach findet es gut, dass jüngere Ärzte oft zweigleisig fahren und die Homöopathie zur traditionellen Medizin dazu nehmen.

In diesem Zusammenhang halten einige Interviewte die Ärztinnen und Ärzte auch dazu an, den Mut zu haben, ihre Patientinnen und Patienten an Kollegen zu verweisen, wenn sie selbst nicht mehr weiter wissen. 

Tanja Werner findet es wichtig, dass Ärzte zugeben, wenn sie nicht mehr weiter wissen.

Eine Interviewpartnerin erzählt von der Schwierigkeit, dass Leid bei Schmerzpatienten zwar zum Leben dazugehört, jedoch häufig so behandelt wird, als sei es etwas, das es eigentlich nicht geben sollte. Sie plädiert deshalb dafür, Leid als Bestandteil des Lebens anzuerkennen, damit sich die Betroffenen nicht so im Abseits fühlen und trotz ihres vorhandenen Leids nicht aus der Welt fallen. 

Anna Wagner wünscht sich eine größere Akzeptanz dem Leid gegenüber, um als Betroffene nicht ins Abseits zu geraten.