Die Erfahrungen von Nadine Schiller

Portrait Zum Zeitpunkt des Interviews im Juli 2021 war Nadine Schiller 42 Jahre alt und lebte mit ihrem Partner zusammen in einer Wohnung in einer Kleinstadt. Als sie erste Erkältungssymptome verspürte, wurde sie auf ihren Wunsch hin im Dezember 2020 auf das Coronavirus SARS-CoV-2 getestet. Zu Weihnachten erhielt sie ihr positives Testergebnis.

Nadine Schiller fiel am 21.12.2020 auf, dass sie bei einem leichten Fitnesstraining nach kurzer Zeit extrem kurzatmig wurde und ein starkes Beklemmungsgefühl sowie Kreislaufprobleme entwickelte. Auch am Folgetag fühlte sie sich bereits nach leichter Anstrengung erschöpft und entwickelte Fieber.
Auf ihren Wunsch hin wurde beim Hausarzt ein PCR-Test durchgeführt. Pünktlich am 24. Dezember bekam sie, wie sie sagte, ihr „Weihnachtsgeschenk“: Ein positives Testergebnis per Push-Nachricht auf ihr Handy. Da das Gesundheitsamt an den Feiertagen nicht erreichbar war, recherchierte sie selbst auf der Homepage ihres Landkreises, was nun zu tun war. Das Gesundheitsamt meldete sich erst Tage später. Es dauerte ein paar Tage, bis sie tatsächlich glauben konnte, dass sie erkrankt war. Die Frage „Wo habe ich mich angesteckt?“ beschäftigte sie anfangs sehr.

Jeden Tag kam ein neues Symptom hinzu. Die ersten Tage begleiteten sie Symptome wie Fieber, Geschmacksverlust, starke Muskelschmerzen, Augenschmerzen, Schmerzen in den Schultern und Schlappheit. Am fünften Tag der Erkrankung erlebte sie Atemnot, die etwa drei Tage anhielt und sie sehr verängstigte. Gegen die Luftnot half es ihr, bei offenem Fenster - auch bei Minusgraden - zu schlafen. Zusätzlich empfand sie eine starke Übelkeit, die sich anfühlte, als läge ihr ein Klumpen Brot im Magen.

Durch diese starken Symptome verschlief Nadine Schiller einen Großteil der Quarantäne. Versorgt wurden sie und ihr Lebensgefährte in dieser Zeit von dessen Sohn sowie von Freund*innen und Nachbar*innen. Als das Gesundheitsamt am Ende der zweiwöchigen Quarantäne anrief und fragte, ob sie noch Fieber oder Husten hätte, konnte sie dies verneinen. Sie gab an, weiterhin an einer extremen Übelkeit zu leiden und sich noch nicht gesund zu fühlen. Daraufhin machte sie aus Eigeninitiative einen weiteren Test, der auch noch positiv war. Die Quarantäne wurde daraufhin vom Gesundheitsamt noch einmal um eine Woche verlängert. Um frische Luft zu schnappen und sich etwas zu bewegen, drehte sie dann Runden auf dem Balkon.

Der weitere Verlauf war ein Auf und Ab. Nadine Schiller erlebte immer wieder Rückschläge und dachte, „Jetzt geht es wieder von vorne los“. Die anhaltende Übelkeit sowie Schmerzen in der Herzgegend führten sie von Ärzt*in zu Ärzt*in. Die Ärzt*innen konnten ihr nicht weiterhelfen. Sie fühlte sich sehr alleingelassen. Darum suchte sie nach alternativen Heilmethoden und fand vor allem durch eine Ernährungsumstellung und Physiotherapie Linderung. Sie hatte sich zu Beginn mit dem Besuch einer Selbsthilfegruppe schwergetan, weil sie dachte, nicht noch das Leid von anderen ertragen zu können. Letztendlich war die Selbsthilfegruppe für sie aber die beste Unterstützung.

Zum Zeitpunkt des Interviews im Juli 2021 plante Nadine Schiller einen Einstieg in das Berufsleben nach dem Hamburger Modell. Nach wie vor hatte sie das Gefühl, ein Leben mit "angezogener Handbremse" zu führen. Sie fühlte sich extrem erschöpft und hatte kognitive Störungen, z.B. Konzentrationsprobleme. Nadine Schiller versuchte, sich eine positive Einstellung zu bewahren und, wenn es ihr schlecht geht, es etwas ruhiger anzugehen und sich dabei immer wieder aufzubauen.

Nadine Schiller formulierte nach ihrem Interview noch ein paar Botschaften im Umgang mit Betroffenen mit Long COVID im medizinischen Kontext. Sie empfand einen intensiveren Kontakt zu Hausärzt*innen besonders wichtig, wenn man wenig Kraft hatte und wenig über die Erkrankung wusste. Auch würde sie regelmäßige Termine in kürzeren Zeitabständen per Telefon, Videochat und Hausbesuche für Menschen mit Langzeitfolgen von COVID-19 empfehlen. Zusätzlich forderte sie zeitnahe Überweisungen an weitere Fachärzt*innen, individuelle Tipps zu alternativmedizinischen Therapien, wie z.B. Bewegungs- und Ernährungstherapie und regelmäßige Überprüfung der psychischen Verfassung der Betroffenen. Nadine Schiller ist der Meinung, dass dies eine sehr kräfteschonende Hilfe wäre und so auch für Betroffene anstrengende Autofahrten, Wartezeiten und eigene Recherchen entfallen könnten. Darüber hinaus wünschte sich Nadine Schiller, dass sich Mediziner*innen mehr zum Thema Long COVID fortbilden würden.

Alle Interviewausschnitte von Nadine Schiller

Nach dem Erhalt des positiven Tests auf ihrem Smartphone beschrieb Nadine Schiller, wie sie an Heiligabend auf der Homepage ihres Landkreises recherchierte, was sie nun tun sollte. Sie und ihr Lebensgefährte begaben sich vorsorglich selbst in Isolation.

Nadine Schiller sagte, dass sie die Zeit der Isolation gar nicht als Isolation wahrgenommen hatte, weil sie die meiste Zeit nur im Bett lag. Da sie nicht spazieren gehen konnte, drehte sie Runden auf dem Balkon.

Nadine Schiller empfahl den Besuch einer Selbsthilfegruppe, da sie dort durch den Austausch mit anderen Betroffenen große Unterstützung fand.

Nadine Schiller ist durch eine Kollegin auf COVID-19 Sprechstunden aufmerksam geworden.

Nadine Schiller hat vor Allem eine Ernährungsumstellung geholfen.

Bei der Informationssuche empfiehlt Nadine Schiller auf seriöse Internetseiten zu achten und andere in die Suche miteinzubeziehen.

Nadine Schiller empfindet es hilfreich, wenn Angehörige und Freund*innen sich mit der Erkrankung und ihren möglichen Folgen auseinandersetzen. Sie empfiehlt, die betroffene Person genau zu beobachten und zu unterstützen sowie ihre Grenzen zu wahren.

Nadine Schiller wünscht sich von Ärzt*innen Anerkennung von Beschwerden und die Weiterleitung an geeignete Fachärzt*innen.

Nadine Schiller wünscht sich eine zentrale Anlaufstelle und dadurch Entlastung für die erkrankte Person.

Nadine Schiller beschrieb, wie sie durch Medienberichte Respekt vor COVID-19 bekam.

Nadine Schiller schlief trotz Minusgraden bei offenem Fenster aufgrund der Atemnot.

Nadine Schiller erzählte, wie sie begann ein Ernährungstagebuch zu schreiben und Lebensmittel wegließ, nach denen es ihr schlechter ging.

Nadine Schiller sagte, dass sie die Zeit der Isolation gar nicht als Isolation wahrgenommen hat, da sie die meiste Zeit nur im Bett gelegen hat. Da sie sich beim Spazierengehen eingeschränkt fühlte, drehte sie Runden auf dem Balkon.

Nadine Schiller empfahl den Besuch einer Selbsthilfegruppe, da sie dort durch den Austausch mit anderen Betroffenen große Unterstützung fand.

Nadine Schiller beschrieb, wie sie durch eine Ernährungsberatung unterstützt wurde.

Nadine Schiller beschrieb, dass sie sich noch nicht arbeitsfähig fühlte und dass nach einigen Monaten kognitive Störungen hinzukamen.