Die Erfahrungen von Nadine Thiel

Portrait Nadine Thiel ist zum Zeitpunkt des Interviews im August 2023 44 Jahre alt und lebt zusammen mit ihrem Ehemann. Sie bezieht seit ihrem 34. Lebensjahr Erwerbsminderungsrente und ist weiterhin von zuhause aus geringfügig beschäftigt. Ihre Adenomyose-Diagnose erhielt sie im Jahr 2013, zudem hat sie Migräne mit Aura.

Mit 12 Jahren verspürte Nadine Thiel plötzlich einen starken Unterleibsschmerz, der ohne ihre erste Menstruationsblutung auftrat. Erst einige Monate später erlebte sie dann ihren ersten Zyklus. Über die Schulzeit hinweg hatte sie mit den Schmerzen zu kämpfen, konnte aber gut damit umgehen und berichtet davon, dass es ihr oft unangenehm war, wie viele Hygieneartikel sie verwenden musste, da ihre Periode sehr stark war und lange anhielt. Ihre Mutter zeigte wenig Verständnis für die Probleme von Nadine Thiel, wodurch sie sich entschied, das Thema zuhause nicht weiter anzusprechen.

In der Zeit ihrer Berufsausbildung wurden ihre Schmerzen dann chronisch, wodurch sie auch unabhängig vom Zyklus auftraten. Dort lernte sie auch ihren heutigen Ehemann kennen, der ihre Krankheitsgeschichte somit von Beginn an mitverfolgte. In dieser Zeit suchte sich Nadine Thiel zum ersten Mal Hilfe bei einer Gynäkologin, die einige Untersuchungen einleitete, welche jedoch aufgrund des geringen Wissensstands zu Endometriose und Adenomyose zu keinen Ergebnissen führten.

Nadine Thiel brach in ihrem Krankheitsverlauf mehrere Male vor Schmerzen zusammen und musste oft in der Notaufnahme behandelt werden. Durch eine Laparoskopie im Jahr 2013 in einem Endometriosezentrum wurde ihr die Diagnose Adenomyose gestellt. Ihr behandelnder Arzt riet ihr von einem operativen Eingriff ab, da er befürchtete, dass durch das entstandene Trauma nur eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes entstehen würde. Somit wurde die mögliche Sanierung des Unterleibs auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Nadine Thiel entdeckte für sich die Schmerztherapie und besucht diese seit 12 Jahren. Mit 31 Jahren stellte sie einen Antrag auf Schwerbehinderung. Aufgrund mehrerer Panikattacken im Büro sah sie zudem ein, dass sie nicht mehr arbeitsfähig war. Daraufhin beantragte sie Erwerbsminderungsrente, welche ihr seit ihrem 34. Lebensjahr zusteht.

Ein Kinderwunsch war bei Nadine Thiel und ihrem Partner sehr präsent, jedoch war sie sich nicht sicher, ob sie sich mit ihrer chronischen Erkrankung um ein Kind kümmern könnte. Sie ließ aufgrund der sich verschlimmernden Adenomyose im Jahr 2022 eine Hysterektomie durchführen, woraufhin Phantomschmerzen und weitere Komplikationen auftraten, ihre Migräne sich verschlimmerte und sie eine Depression durchstehen musste. Auch wenn der Eingriff die richtige Entscheidung war, hat sie das Gefühl, dass ihr etwas fehlt und sie noch Zeit braucht, um dies zu verarbeiten.

Behandlungsmethoden, die Nadine Thiel über die Jahre in Anspruch nahm, waren vor allem viele Medikamente, traditionelle chinesische Medizin, Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR), Thai-Chi und QiGong, Atemübungen, Hypnose und Botoxbehandlungen gegen die Schmerzen am unteren Rückenn. Zudem befindet sie sich seit 2018 in Cannabis-Therapie. 

Oft fühlt sich Nadine Thiel wie eine Belastung für Freunde und Angehörige. Sie hat jedoch das Gefühl in ihren Selbsthilfegruppen und der Aufklärungsarbeit, die sie betreibt, viel zurückgeben zu können, was ihr selbst hilft und sehr wichtig ist. Hierfür hat sie sich ein professionelles Netzwerk aufgebaut und ist auch auf Social Media und politisch sehr aktiv.

Nadine Thiel engagiert sich außerdem im Tierschutz und ist selbst stolze Hundemama. Zu ihrem Schmerztherapeuten hat sie ein sehr gutes Verhältnis, was ihr in ihrer Therapie sehr hilft. Ihr Partner unterstützt sie durchweg und zeigt großes Verständnis für die entstandenen Einschränkungen im Leben und die Beschwerden, die sie erlebt.