Erfahrungen mit Ärzten
Menschen mit chronischen Schmerzen haben bei der Suche nach der richtigen Diagnose oder im Rahmen der Behandlung mit vielen Ärzten und Therapeuten zu tun. Unsere Erzähler berichten von sehr unterschiedlichen Erfahrungen mit Fachleuten. Viele beschreiben eine Odyssee von einem Arzt zum nächsten, bis sie einen Arzt fanden, der ihnen weiterhelfen konnte (siehe auch „Möglichkeiten und Grenzen der Medizin“).
Als sehr positiv schildern die Erzähler die Erfahrungen mit Ärzten, die sich für sie engagieren, denen sie vertrauen und bei denen sie das Gefühl haben, sie sehen nicht nur die Krankheit vor sich, sondern den ganzen Menschen. Birgit Weiss fühlt sich von den Ärzten, bei denen sie jetzt in Behandlung ist, verstanden und ernst genommen. Eine vertrauensvolle Beziehung zum behandelnden Arzt, in der es auch erlaubt ist, Gefühle zu zeigen, beschreiben einige Erzähler als sehr hilfreich besonders in Krisenzeiten. Inge Meyer erzählt, dass ihre Ärztin persönlich Anteil nahm am Verlauf ihrer Behandlung und sich freute, als es ihr besser ging.
Ursula Bach ist begeistert von ihrem Arzt, der sich sehr für sie engagierte.
Als besonders wichtig beschreiben viele Erzähler, dass sich der behandelnde Arzt Zeit nimmt und zuhört. Anja Kaiser erzählt, dass sie häufig das Gefühl hat, die Patienten werden wie im Fastfoodrestaurant durch die Praxis geschleust. Vielen Erzählern ist bewusst, dass es in der heutigen Zeit mit knappen Ressourcen und Budgetierung der Leistungen für die Ärzte nicht einfach ist. Umso positiver erleben sie es, wenn sich ein Arzt dennoch Zeit nimmt. Jörg Ziegler schildert, dass er lange auf einen Termin bei einem speziellen Schmerztherapeuten wartete und dieser dann nur eine Viertelstunde Zeit für ihn hatte.
Einige Erzähler berichten, dass sie seit vielen Jahren bei demselben Arzt in Behandlung sind. Klaus Fischer schildert, dass sein Arzt ihn gut kennt und weiß, wie ernst es ist, wenn er bei ihm erscheint.
Eines der wichtigsten Themen bei den Erfahrungen mit Ärzten ist für unsere Erzähler die Frage, ob sie mit ihren Schmerzen von den behandelnden Ärzten ernst genommen werden. Hier sind die Erfahrungen sehr unterschiedlich: viele erlebten, dass Ärzte ihre Beschwerden herunterspielten oder ihnen sogar unterstellten, dass sie die Schmerzen simulieren. Teilweise berichten die Erzähler, dass es für sie schwierig ist, die Schmerzen, die nicht sichtbar oder messbar sind, glaubhaft zu vermitteln (siehe auch "Über Schmerzen reden").
Einige Erzähler erlebten, dass ihre Schmerzen als rein psychisch bedingt eingestuft wurden und ihre eigene Wahrnehmung, dass auch körperliche Faktoren beteiligt seien, ignoriert wurde (siehe auch "Ursachensuche und Diagnose").
Viele Erzähler berichten jedoch, dass sie inzwischen einen Arzt gefunden haben, der sie ernst nimmt. Inge Meyer erzählt, dass der Arzt ihr ganz genau erklärte, was los ist und wie die Behandlung aussehen könnte.
Anja Kaiser kam sich vor wie eine Simulantin, da der Arzt ihre Beschwerden zuerst nicht ernst nahm.
Martin Sander freut sich über die Kommunikation „auf Augenhöhe“ mit seinem Hausarzt.
Einige Erzähler schildern verletzende oder demütigende Erfahrungen mit Ärzten. Andrea Müller wurde von einem Arzt aufgefordert, mehr Sport zu machen, als sie sich in einer Phase ihres Rheumas kaum bewegen konnte. Sie empfand es als sehr verletzend, dass ihr vermittelt wurde, sie sei selber schuld an ihrer Situation und müsse halt mehr tun.
Brigitte Obrist erzählt, wie ein Arzt, der die Diagnose Clusterkopfschmerz nicht erkannte, sie bei allen umliegenden Ärzten und Kliniken als medikamentensüchtig meldete und somit eine adäquate Notfallbehandlung verhinderte. Hans König berichtet, wie ihm gesagt wurde, er müsse nur abspecken, dann gingen die Beschwerden schon weg.
Wie und welche Behandlung durchgeführt wird, ist oft das Ergebnis der gemeinsamen Aushandlung zwischen Arzt und Patient. Unsere Erzähler berichten, wie wichtig ihnen eine gleichberechtigte Zusammenarbeit ist. Auch die Anerkennung der eigenen Krankheitsbewältigung beschreiben einige Erzähler als sehr wichtig.
Christin Neumann erzählt, ihr Arzt sei "zu lieb", er mache alles, was sie wolle, habe aber keine eigenen Ideen. Selbstkritisch bemerken einige Erzähler, dass sie erst lernen mussten, offen zu sein und zu formulieren, was ihnen wichtig ist, da der Arzt darauf angewiesen ist. Manche Erzähler schildern, wie sie sich selbst die Therapien zusammensuchten, da kein Arzt ihnen erklären konnte, wie man die Erkrankung behandeln soll. Jörg Ziegler hatte das Gefühl, dass wenige Ärzte bereit waren, sich seiner Krankheit einmal richtig anzunehmen, und fühlte sich sehr allein gelassen. (siehe auch "Möglichkeiten und Grenzen der Medizin“).
Als sehr positiv beschreiben einige Erzähler, dass ihre Ärzte offen seien, Neues von ihnen als Patienten zu lernen und auch bereit seien, Fehler einzugestehen oder sich hinterfragen zu lassen. (siehe auch „Botschaft an die Fachleute“ )