Aktiv und mobil sein im Alltag

Für Menschen mit Schmerzen kann es schwierig werden, im Alltag aktiv und mobil zu sein. Fast alle unserer interviewten Personen berichten, dass sie in ihren Tätigkeiten gegenüber früher eingeschränkt sind und vieles reduzieren oder sogar aufgeben mussten, was ihnen wichtig war. Dieser Verzicht wird von vielen als sehr schmerzhaft geschildert. Das gilt vor allem für Sport, aber auch z.B. für Musizieren, Wandern oder Handwerken, Verabredungen treffen, den Haushalt führen oder die Enkelkinder auf den Arm nehmen (siehe auch Thementext „Freizeit und Interessen“). Auch die alltäglichen Verrichtungen wie Waschen und Ankleiden, Sachen tragen, Einkaufen gehen und selbst das Laufen von kurzen Strecken oder längeres Sitzen können zum Problem werden. 

Maja Geissler erzählt wie ihre Krankheit sie von vielen Aktivitäten ausschließt.

Für Andrea Müller kann es schon ein Erfolg sein, einen Tag ohne bestimmte Aktivitäten zu bestehen.

Eine Überforderung muss hinterher oft mit stärkeren Schmerzen bezahlt werden. Häufig muss eine Wahl getroffen werden, ob man lieber auf die Aktivität verzichtet oder ob man die Schmerzen dafür in Kauf nimmt; dieses Abwägen kann eine schwierige Zwickmühle sein. Fast alle interviewten Personen schilderten, wie sie lernen mussten, ihre Unternehmungen zu planen und zu dosieren, Pausen einzulegen und alle Aktivitäten einige Stufen herunterzuschalten. Dies verlangte einigen Erzähler*innen viel Geduld ab.

Julia Bode erklärt, dass es Aktivitäten gibt, die ihr positive Energie geben und die anschließenden Schmerzen aufwiegen.

Manchmal gibt es für Julia Bode aber auch Situationen in denen sich der Aufwand und die Schmerzen nicht gelohnt haben.

Oft geht die Spontaneität verloren, einfach tun zu können, was man möchte. Nicht nur anstrengende und belastende, sondern auch positive und erfreuliche Aktivitäten müssen geplant werden. Manche unserer Erzählenden finden es nicht einfach, die Zeit einzuteilen, Vorhaben öfter zu streichen und sich daran zu gewöhnen, auch mit weniger zufrieden zu sein. 

Für Anna Wagner ist der Verlust der Spontaneität die größte Veränderung, die durch die Schmerzen kam.

Andrea Müller kann nur schlecht Termine planen, weil sie den Schmerz nicht vorhersagen kann.

Kerstin Meck empfand während der Corona Pandemie das Gefühl angenehm nichts verpassen zu können.

Manchmal können die Aktivitäten, die früher eine große Bedeutung hatten, zwar noch durchgeführt werden, vermitteln aber wegen der Schmerzen keine Freude mehr. 

Frank Weber kann Konzertbesuche nicht mehr richtig genießen.

Ein Erzähler berichtet, wie er seine Antriebslosigkeit nur durch einen Klinikaufenthalt überwinden konnte. 

Für Richard Schäfer wurde seine Inaktivität zu Hause zum Problem.

Anna Wagner muss seit ihrer Rückenoperation überwiegend liegen und stellte sich darauf ein, alles, was möglich ist, im Liegen zu erledigen und sich dafür auch neue Aktivitäten zu erschließen.

Anna Wagner hat sich darauf eingestellt, vieles im Liegen zu machen.

Einige der Personen, mit denen wir sprachen, konnten aber auch erleben, dass sich durch Therapiemaßnahmen ihr Aktivitätskreis wieder erweiterte oder sogar fast wie früher wurde und ihre Lebensqualität sich dadurch erheblich verbesserte.

Tanja Werner konnte seit der Reduktion der Clusterkopfschmerzattacken wieder viele alte Aktivitäten aufnehmen.

Manche finden es hilfreich, sich ihre alten Aktivitäten wie Musizieren oder Spazieren gehen zu bewahren, wenn auch unter Schmerzen und mit reduziertem Aufwand. Auch stete Übung konnte bei einigen helfen, wieder ein Stück Beweglichkeit zurückzugewinnen, wenngleich dies eine große Überwindung erforderte. 

Autofahren als wichtige Möglichkeit der Mobilität wird für manche durch die Schmerzen zum Problem, weil die Erzählenden sich überanstrengt oder nicht mehr hinreichend konzentrationsfähig fühlen. Das Lenken eines Fahrzeugs kann auch durch Schmerzattacken gefährlich werden. Viele verzichten deswegen auf das Autofahren; eine Erzählerin verkaufte ihr Auto sogar. Andere berichten, wie sie sich durch technische Hilfen das Autofahren und damit ihre Mobilität  bewahren konnten.

Christa Schaub bedeutet Autofahren sehr viel.

Sabine Kugler versucht so oft wie möglich auf offensichtliche Hilfsmittel zu verzichten.

Anke Dreyer genießt die Mobilität eines E-Scooters.

Auch im Haushalt können technische Hilfen oder Umbauten der Wohnung den eigenen Bedürfnissen entsprechend ein Stück Unabhängigkeit bewahren helfen.

Für Thomas Lärcher ist ein Assistenzhund die wichtigste Alltagshilfe.

Viele unserer Interviewpartner*innen erfahren beim Führen des Haushalts und bei Besorgungen nicht nur Unterstützung durch die Angehörigen, sondern auch Hilfe von Freunden und können damit mehr am Leben teilnehmen. Eine Erzählerin kann mit Hilfe von Freunden, die einen Schlüssel zu ihrer Wohnung besitzen, allein leben, was sonst unmöglich wäre.

Bei Anna Wagner erledigen Freundinnen und ihr Ehemann viele Dinge des Alltags für sie.

Bei einem Interviewten übernimmt eine ehrenamtliche Organisation den Transport zu den Behandlungen, die ihm helfen, da die Krankenkasse hierfür nicht aufkommt.

Einige Personen erzählen, dass sie lernen konnten, die häusliche Ordnung nicht mehr so genau zu nehmen und zu akzeptieren, dass nicht immer alles perfekt sein kann.